Josef K. und kafkaeske Sperren von Plattform-Konten
„Jemand musste Josef K. verleumdet haben, denn ohne dass er etwas Böses getan hätte, wurde er eines Morgens verhaftet.“ So beginnt „Der Prozess“ von Franz Kafka. Ähnlich geht es häufig Unternehmen und Unternehmern, deren Accounts auf Plattformen wie Youtube, Instagram, X, Facebook oder LinkedIn gesperrt werden. Sie werden nicht verhaftet – aber gesperrt. Die Situation bei einer Accountsperre ist für betroffene Accountinhaber häufig kafkaesk. Pauschale Mitteilungen bei Accountsperren Von uns vertretene Unternehmen und Unternehmer haben bei einer Accountsperre teilweise nur eine pauschale Mitteilung erhalten, dass ihr Account wegen einer angeblichen Verletzung der Verhaltensregeln gesperrt sei (hierzu ausführlich Sebastian Laoutoumai). Um welche konkreten Nutzungsbedingungen es geht bzw. warum ein Beitrag oder ein Nutzerkonto gegen welche einzelne Bestimmung dieser Nutzungsbedingungen verstoßen soll, erfahren betroffene Accountinhaber häufig nicht. Nachfragen bei den Plattformbetreibern durch die Accountinhaber selbst helfen meist nicht. Neues Urteil des Oberlandesgericht Dresden Das Oberlandesgericht Dresden hat in einem neuen Urteil das Unternehmen META (Betreiber von Facebook, Instagram) verurteilt, ein gelöschtes Profil vollständig wiederherzustellen und in dem Urteil wichtige Klarstellungen getroffen: Der Plattformbetreiber muss beweisen, dass die Voraussetzungen für eine Accountsperre bzw. für die Kündigung eines Vertrages über die Nutzung eines sozialen Netzwerkes vorliegen. Zitat aus dem Urteil vom 12. Dezember 2023 – 4 U 1049/23: „[Die Plattformbetreiberin Meta] hat diese von ihr selbst aufgestellten Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung hier allerdings nicht eingehalten. Sie hat dem Kläger unstreitig weder eine Abhilfefrist eingeräumt noch ihn abgemahnt, bevor sie das Konto dauerhaft deaktivierte. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger sich ernsthaft geweigert hätte, sich an die Gemeinschaftsstandards zu halten, sind nicht ersichtlich und von der Beklagten nicht vorgetragen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass unter Abwägung der Interessen beider Parteien wegen der besonderen Umstände eine sofortige Kündigung auch ohne vorherige Abmahnung oder einer zu gewährenden Abhilfefrist zulässig gewesen sein soll. Es obliegt nach allgemeinen Darlegungs- und Beweislastgrundsätzen der Beklagten, die sich auf einen Verstoß gegen ihre Gemeinschaftsstandards durch den Kläger beruft, vorzutragen und zu beweisen, dass ein wichtiger Grund für die dauerhafte Deaktivierung des Nutzerkontos vorgelegen hat. Unabhängig hiervon wäre es dem Kläger angesichts der Pauschalität der Vorwürfe auch gar nicht möglich, die Vorwürfe der Beklagten zu widerlegen und die negative Tatsache, nicht gegen die Gemeinschaftsstandards verstoßen zu haben, zu beweisen.“ Dem Kläger stehe ein Anspruch auf Wiederherstellung seines Nutzerkontos wie es zum heutigen Zeitpunkt besteht zu, §§ 280, 249 BGB, so das Oberlandesgericht Dresden. Datenschutzrechtliche Ansprüche bei Accountsperren? Datenschutzrechtliche Ansprüche des Accountinhabers gegen Meta hat das Oberlandesgericht Dresden verneint. Der Kontrollverlust über Daten stelle keinen immateriellen Schaden im Sinne von Art. 82 DSGVO dar, so die Richter – eine interessante Aussage zu einer Frage, zu der es neuere Entscheidungen und derzeit viele Diskussionen und Gerichtsverfahren gibt. Wenn Sie hierzu als Unternehmen oder Unternehmer Fragen haben, sprechen Sie unseren Datenschutzrechtsexperten Sebastian Laoutoumai an. Das Urteil des Oberlandesgerichts Dresden ist vorraussichtlich demnächst im Rechtsportal REWIS – https://rewis.io/ – abrufbar. (Das folgende Bild wurde mit ChatGPT angefertigt.)