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Wer eine Werbeeinwilligung einholt, muss sich an den Rhythmus halten

Immer wieder müssen sich Gerichte mit Sachverhalten auseinandersetzen, bei denen ein Kläger ein Unternehmen wegen unerwünschter Werbung mittels Newsletter auf Unterlassung in Anspruch nimmt. In den meisten Fällen fehlt es bereits an einer wirksamen Einwilligung, sodass die Rechtslage häufig sehr klar ist. Schwieriger wird es, wenn es zwar keine Einwilligung gab, aber einen geschäftlichen Kontakt. Dann können sich Unternehmen unter Umständen auf die Ausnahmeregelung in § 7 Abs. 3 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) stützen, wenn sie im Rahmen des geschäftlichen Kontaktes auch die E-Mail-Adresse ihres Kunden erhalten haben. Unklar wird es im Rahmen von § 7 Abs. 3 UWG vor allem dann, wenn das Unternehmen versucht von den engen Vorgaben der Ausnahmevorschrift abzuweichen; zum Beispiel durch die Bewerbung von Produkten, die mit denen aus dem ursprünglichen Geschäft nicht im Ansatz verwandt sind.

Das Kammergericht Berlin musste sich in einer kürzlich veröffentlichten Entscheidung mit einem etwas atypischen Fall auseinandersetzen (Urteil vom 22. November 2022 – 5 U 1043/20, GRUR-RS 2022, 42749) . Hier gab es eine Einwilligung des Klägers zum Erhalt von Newslettern, das werbende Unternehmen hatte sich allerdings nicht an seine selbst gemachten Vorgaben gehalten.

Warum musste das Kammergericht entscheiden?

Der Kläger hatte dem werbenden Unternehmen eine Einwilligung in den Erhalt von Newslettern per E-Mail erteilt. Allerdings war die Einwilligung ausdrücklich so formuliert, dass in den Erhalt eines wöchentlichen Newsletters eingewilligt wurde. Gemeint war hiermit also der Erhalt eines Newsletters pro Woche. Das werbende Unternehmen hatte dem Kläger allerdings innerhalb einer Woche mehrere E-Mails mit Werbung zugesandt.

Hiergegen ging der Kläger zunächst außergerichtlich vor. Nachdem das werbende Unternehmen keine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben hatte, klagte der Kläger beim Landgericht Berlin und erhielt dort Recht (Urteil vom 3. Juni 2020 – 101 O 54/19). Gegen diese Entscheidung legte das werbende Unternehmen Berufung beim Kammergericht Berlin ein.

Wie hat das KG Berlin den Sachverhalt bewertet?

Das KG Berlin wies die Berufung zurück und bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung des Landgericht Berlins. Es stellte hierzu unter anderem fest:

„Der Versand der streitgegenständlichen E-Mails ist unzulässig, da dies eine gem. § 7 Abs. 1 UWG unzumutbare Belästigung darstellt. Eine solche unzulässige Belästigung ist stets anzunehmen bei Werbung unter Verwendung elektronischer Post, ohne dass eine vorherige ausdrückliche Einwilligung des Adressaten vorliegt (§ 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG). Eine solche Einwilligung lag aber nur hinsichtlich eines wöchentlichen Versandes von E-Mails mit werblichem Inhalt vor, nicht aber hinsichtlich einer kürzeren Frequenz. Die Beklagte hat Rechtsanwalt … aber innerhalb einer Woche mehrere Werbe-E-Mails zugesandt. Dies stellt die Berufung – zu Recht – nicht in Frage.“

Und weiter führte der Senat hierzu unter anderem aus:

„Das Charakteristische der Verletzungshandlung besteht vorliegend darin, dass E-Mails mit werblichem Inhalt nicht im Wochenabstand, sondern in kürzerer Frequenz versandt werden, obwohl eine Einwilligung nur hinsichtlich eines wöchentlichen Versandes erteilt worden ist. Dabei ist es ohne Belang, ob noch nie eine Einwilligung zum täglichen Versand vorlag (sondern immer nur eine Einwilligung zum wöchentlichen Versand) oder ob eine frühere weitergehende Einwilligung später auf den wöchentlichen Versand eingeschränkt worden ist. In beiden Fällen ist der Versand in höherer Frequenz nicht von der Einwilligung gedeckt und damit wettbewerbswidrig. (…).“

Auch Ansprüche aufgrund der DSGVO drohen

Die Entscheidung verdeutlicht noch einmal, das Unternehmen bei der Versendung von Newslettern sehr vorsichtig sein müssen. Werden ausdrückliche Einwilligungen eingeholt, die eine Beschränkung enthalten (hier die Anzahl der Newsletter pro Woche), muss sich das werbende Unternehmen an diese Beschränkungen halten. Anderenfalls läuft es Gefahr, von dem Empfänger des Newsletters wegen unzulässiger Werbung (sprich SPAM) auf Unterlassung in Anspruch genommen zu werden.

Dabei stellt ein Verfahren auf Unterlassung der rechtswidrigen Werbung aus unserer Sicht noch des kleinste mögliche Übel dar, dass in solchen Fällen drohen kann.

Eine Einwilligung stellt nicht nur in lauterkeitsrechtlicher Sicht die nach § 7 Abs. 1 Nr. 2 UWG erforderliche  Befugnis dar, Newsletter zu versenden. Sie stellt auch in datenschutzrechtlicher Sicht die Erlaubnis zur Verarbeitung der in der Regel hiermit verbundenen personenbezogenen Daten dar (Art. 6 Abs. 1 a) DSGVO). Wird die Einwilligung für einen ganz konkreten Zweck eingeholt, darf die nachfolgende Verarbeitung hiervon nicht abweichen. Jede Verarbeitung außerhalb des zuvor definierten Zweckes führt dann zu einer unzulässigen Verarbeitung personenbezogener Daten. Das wiederum kann neben einem Anspruch auf Unterlassung auch zu einem Anspruch auf Ersatz der hierdurch erlittenen immateriellen Schäden nach Art. 82 DSGVO führen. Dabei kann der Schaden zwischen 25,00 EUR (Landgericht Heidelberg, Urteil vom 16. März 2022 – 4 S 1/21) und 300,00 EUR (Amtsgericht Pfaffenhofen, Urteil vom 9. September 2021 – 2 C 133/21) liegen. Freilich gibt es auch Entscheidungen, die einen Schadenersatz verneinen, weil eine Bagatellgrenze nicht überschritten worden sei (beispielhaft nur Amtsgericht Hamburg-Bergedorf, Urteil vom 7. Dezember 2020 – 410d C 197/20; Amtsgericht Goslar, Urteil vom 27. September 2019 – 28 C 7/19). Die von den Gerichten hier angenommene Bagatellgrenze kennt Art. 82 DSGVO jedoch nicht. Vor diesem Hintergrund hatte das Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 14. Januar 2021 – 1 BvR 2853/19) klargestellt, dass diese Frage vom EuGH verbindlich zu klären sei.

Die vermeintliche Bagatellgrenze wird allerdings dann deutlich überschritten sein, wenn zusätzlich zu der E-Mail-Werbung ohne ausreichende Einwilligung weitere Verstöße gegen die DSGVO begangen werden. Ein solcher kann bei einem vergleichbaren Sachverhalt wie dem vorliegenden beispielsweise in einer fehlerhaften Auskunft nach Art. 15 DSGVO liegen. Macht der Betroffene vor seiner Abmahnung wegen der unberechtigten Zusendung von mehr als einem Newsletter pro Woche von seinem Auskunftsrecht Gebrauch, wird der klagebereite Betroffene mit Genuss eine Auskunft entgegennehmen, wenn in dieser steht, dass man sich für die Versendung von Newslettern auf eine Einwilligung beruft. Diese Auskunft ist zugleich richtig aber auch falsch, denn die erteilte Auskunft rechtfertigt in einem solchen Sachverhalt gerade nur die Versendung von einem Newsletter pro Woche. Jetzt mag man denken „Das ist aber kleinlich“. Wie jedoch die Entscheidung des Kammergerichts zeigt, sind Unternehmen gut beraten, sich an ihre eigenen Beschränkungen bei der Einholung einer Einwilligung zu halten. Das Risiko, dass ein Gericht bei einer solchen Fallkonstellation auch einen Verstoß gegen die DSGVO sieht, trifft am Ende das werbende Unternehmen.

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Sebastian Laoutoumai